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RA Mag. Matthias Holzmann

Freispruch - Putzfrau als "Tippgeber" einer Einbrecherbande?

Eine unbescholtene Reinigungskraft musste sich Anfang Mai 2023 vor dem Landesgericht Innsbruck wegen des Vorwurfs des Einbruchdiebstahles nach § 12 dritter Fall StGB §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 StGB (als Beitragstäterin) verantworten.


Strafdrohung: 6 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe!


Die Angeklagte beauftragte den Innsbrucker Strafverteidiger Matthias Holzmann mit der Vertretung im Verfahren.


Was war passiert?

Vor einigen Monaten brachen mehrere Täter (zwei flüchtige Unbekannte und ein Mitangeklagter) in eine Liegenschaft in Tirol ein und stahlen dort Bargeld sowie diverse Wertgegenstände.


Die Behörde identifizierte im Rahmen umfangreicher Ermittlungen - ua durch Sicherstellung diverser Videoüberwachungs-Daten - das KFZ, mit dem die Männer zum Tatort fuhren.


Welche Spur führte zur Angeklagten?

Das KFZ war auf die Angeklagte zugelassen. Ebenso fand die Behörde durch weitere Ermittlungen heraus, dass die Angeklagte in der betroffenen Liegenschaft vor vielen Jahren als Reinigungskraft gearbeitet hat.


Und als weiteres Merkmal: ein Tatverdächtigter (und schlussendlich der Mitangeklagte) war der Ehemann der Angeklagten. Dieser gestand die Tat im Verfahren vollumfänglich ein.


Die Staatsanwaltschaft ging angesichts dieser Verdachtslage von einer Beteiligung der Angeklagten an dem Einbruchdiebstahl aus. Aber in welcher Form?


Im Rahmen der Ermittlungen konnte erwiesen werden: die Angeklagte war mit Sicherheit nicht am Tatort und daher keine unmittelbare Täterin.


Die Staatsanwaltschaft Innsbruck erhob aber folgende zwei konkrete Vorwürfe:

  • Die Angeklagte soll ihr Fahrzeug für den Einbruchdiebstahl zur Verfügung gestellt haben;

und

  • Die Angeklagte soll als Tippgeberin fungiert haben, indem sie der Einbrecherbande wesentliche Informationen über den Tatort und die Lage der Liegenschaft zur Verfügung stellte.

Die Angeklagte hat aber jegliche Involvierung in die Tat glaubwürdig bestritten.


Was geschah im Prozess?

Im Zuge des Verfahrens konnte die Verteidigung unter Beweis stellen, dass die Angeklagte keinen Führerschein hat und das KFZ tatsächlich weder in ihrem Eigentum noch in deren Verfügungsmacht stand.

Sie war lediglich Halterin (aus familiären Gründen); Daher war sie auch gar nicht in der Lage das Tatfahrzeug zur Verfügung zu stellen. Damit war der erste Vorwurf des Strafantrages widerlegt.


Betreffend den Vorwurf der Rolle als "Tippgeberin" wurden im Prozess diverse Zeugen und auch der Mit-Angeklagte befragt.

Infolge intensiver Befragung stellte sich heraus, dass die Informationen über die Lage und die Beschaffenheit am Tatort auch durch andere Personen erfolgen hätte können.


Auch der Mit-Angeklagte entlastete seine Ehefrau.


Die Tätigkeit als Putzfrau am Tatort lag zudem über viele Jahre zurück.


Auf den ersten Blick belastend wirkten die Rufdaten rund um die Tatzeit: So hatten der Mit-Angeklagte und seine Ehefrau (zum Teil in der Nacht) rund um die Tatzeit miteinander telefoniert.


Durch Befragung und Beweisantragstellung der Verteidigung stellte sich aber heraus, dass dieses Telefon-Verhalten mitten in der Nacht zu den üblichen Gewohnheiten der Eheleute gehörte. Daher konnte ein Konnex zur Tat auch dadurch nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit belegt werden.


Es blieben also faktisch zu viele Zweifel, um einen Schuldspruch begründen zu können.


Schlussendlich fällte das Gericht einen Freispruch im Zweifel (wurde sofort rechtskräftig).



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